Behandlung | Über Inkontinenz

Welche Therapie- und Behandlungsmöglichkeiten gibt es bei Inkontinenz?

Es gibt viele Ursachen für Blasenschwäche, aber ebenso viele Möglichkeiten der Therapie. Informieren Sie sich über Ihre persönlichen Chancen.

Frau im Gespräch mit Apotheker zu Inkontinenz

Eine Frau im Gespräch mit dem Arzt über Behandlungsmöglichkeiten und Therapien von Inkontinenz (Bildquelle: PAUL HARTMANN)

Wer die verschiedenen Therapien kennt, ist auf dem besten Weg in Richtung Linderung

Neben der Tabuisierung des Themas Inkontinenz gibt es ein weiteres Hindernis im Umgang mit Blasenschwäche. Denn die Ansicht, man könne nichts dagegen tun, ist noch immer weit verbreitet. Aber das stimmt so nicht ganz: Immerhin 80 bis 90 % der von Inkontinenz Betroffenen geht es nach einer ärztlich angeordneten Therapie deutlich besser.

Fassen Sie also den Mut und sprechen Sie mit Ihrem Hausarzt oder Ihrer Hausärztin ganz im Vertrauen über Ihre Symptome. Ist einmal geklärt, um welche Form der Inkontinenz es sich handelt, kann auch Ihre optimale Behandlung beginnen. Sie ist abhängig von der Ursache, der Art der Beschwerden, dem Schweregrad der Blasenschwäche und auch von der jeweiligen Lebenssituation.

Die gute Nachricht ist, dass Sie selbst neben den ärztlich empfohlenen Therapiemaßnahmen einiges dazu beitragen können, Ihre Behandlung wirklich wirkungsvoll zu gestalten. Wir zeigen Ihnen die ganze Bandbreite der Möglichkeiten auf. Sie werden Ihnen helfen, ein aktives und selbstbestimmtes Leben zu führen.

Verhaltenstherapie: Mit Blasen- und Toilettentraining den Harndrang besser im Griff haben

So erstaunlich es klingen mag: Sie können Ihre Blase an bestimmte Uhrzeiten zur Entleerung „gewöhnen“. Indem Sie die Blase zu festgelegten Zeiten in bestimmten Abständen entleeren, passt sie sich genau diesem Rhythmus an und „vergisst" den Drang zwischen diesen Zeiten.


Wenn ein Arzt oder eine Ärztin Ihnen Blasentraining als Therapie empfiehlt, werden zu Beginn die Toilettengänge dokumentiert, in einem sogenannten Miktions- oder Blasentagebuch. (Miktionstagebuch: Hier können Sie eine Vorlage als PDF herunterladen).


Notieren Sie, wie häufig Sie zur Toilette gehen, wie viel Urin dabei abgeht und wie viel Flüssigkeit Sie zu sich nehmen. Machen Sie sich außerdem Notizen dazu, in welchen Situationen die "Unfälle" passieren. Danach geht es darum, die Blase an einen festen Rhythmus zu gewöhnen. Das heißt: Die Abstände sollten möglichst konstant über den Tag verteilt sein. Schaffen Sie es, die festgelegten Zeiten trotz Harndrang einzuhalten, werden Sie feststellen, dass Sie die Abstände zwischen den geplanten Toilettenbesuchen allmählich vergrößern können.1


Es ist vielleicht hilfreich für Sie zu wissen, dass Harndrang praktisch nie länger als fünf Minuten anhält.1 Stehen Sie diese Minuten durch, haben Sie den „Kampf“ gewonnen! Und noch etwas: Zu den einmal festgelegten Zeiten sollten Sie die Toilette immer aufsuchen – auch dann, wenn Sie nicht „müssen“

Physiotherapie: Beckenbodentraining und Elektrostimulation zur Kräftigung der Beckenbodenmuskulatur

Auch mit einem gezielten Training zur Stärkung der Beckenbodenmuskulatur können Sie viel erreichen. Denn sie ist enorm wichtig für die Verschlusskraft der Blase. Es bietet sich gerade während einer Schwangerschaft, aber auch davor oder danach, als hilfreiche Unterstützung an. Im Training kräftigen Sie die Beckenbodenmuskulatur und können auch geschädigte Muskelstrukturen wieder aufbauen. Zudem spüren Sie bereits nach kurzer Zeit Ihren Beckenboden und können ihn bei starkem Harndrang ganz bewusst anspannen. Am besten üben Sie zunächst unter fachmännischer Anleitung, zum Beispiel durch eine/n Physiotherapeuten/in. Denn es ist zu Beginn nicht ganz einfach, die richtigen Muskeln zu „erspüren“ und zu trainieren.

Elektrostimulation und Biofeedback

Gerade weil die Beckenbodenmuskulatur besonders anfangs nicht ganz einfach zu trainieren ist, können das sogenannte Biofeedback oder eine Elektrostimulation unterstützend zum Einsatz kommen:

Das Biofeedback hilft dabei, Ihre Körperfunktionen besser wahrzunehmen. Eine kleine Sonde gibt hierbei Messungen an einen Computer weiter. Sie erfahren so z. B., ob Sie die richtigen Muskeln im Beckenboden trainieren.2

Für die Elektrostimulation bieten sich sogenannte Vaginalkonen an. Sie führen diese kleinen Gewichte in der Form eines Zäpfchens in die Scheide ein und halten Sie dort durch Anspannen des Beckenbodens für wenige Minuten fest.3

Auch hierzu beraten Sie Physiotherapeuten/innen oder Hausärzte/innen.

Medikamentöse Therapie: Medikamente zur Linderung und Unterstützung

Fakt ist: Es gibt bisher keine Medikamente, die Inkontinenz – egal ob bei Frau oder Mann – heilen können. Bei leichter Dranginkontinenz lassen sich die Beschwerden aber durchaus medikamentös lindern.4

Es gibt eine ganze Reihe von Medikamenten und Wirkstoffen, die infrage kommen:

So wie eine Harnwegsinfektion mit Antibiotika behandelt wird, können sich auch die Symptome einer Harninkontinenz (z. B. ein quälender Harndrang) damit bessern.

Anticholinergika gehören zur medikamentösen Standardtherapie bei Dranginkontinenz bzw. einer überaktiven Blase. Sie werden eingesetzt, um ständigen Harndrang wie auch häufiges Wasserlassen zu lindern.5

Der Wirkstoff Duloxetin, ursprünglich ein Antidepressivum, wird inzwischen auch zur Behandlung der Belastungs-/Stressinkontinenz bei Frauen eingesetzt. Er sorgt im weitesten Sinn dafür, dass die Blase mehr Druck aushalten kann, ohne Urin zu verlieren.6

Bitte beachten Sie, dass alle infrage kommenden Medikamente neben ihrer Wirkung auch Nebenwirkungen haben können. Die Einnahme und die individuelle Dosierung müssen deshalb unbedingt mit einem Arzt oder einer Ärztin besprochen werden.

Hier erhalten Sie ausführliche Informationen zur medikamentösen Behandlung von Blasenschwäche bei Männern und Frauen.

Psychotherapie: Auch das Wohl der Seele kann eine Stellschraube sein

Jeder von uns kennt bei großer Aufregung das dringende Bedürfnis, auf die Toilette zu müssen (z. B. vor Prüfungssituationen). Psyche kann die Inkontinenz beeinflussen: Nervosität, Stress oder Angst z.B. können Harninkontinenzprobleme auslösen.

Daneben gibt es den enormen Leidensdruck, der Betroffene belastet und ihr emotionales Wohlbefinden stark beeinflusst.7 Diese aus der Inkontinenz resultierenden psychischen Belastungen begünstigen dann ihrerseits das Auftreten von Blasenschwächeproblemen. Psychotherapeutische Ansätze oder auch Entspannungstechniken können helfen, diesen Teufelskreis zu durchbrechen.8

Welche Behandlungsmöglichkeiten und -chancen sie z. B. im Falle einer typischen Reizblase konkret eröffnen, kann aber nur im Rahmen eines Erstgesprächs mit einem/r spezialisierten Psychologen/in geklärt werden.

Chirurgische Therapie: Schwere Formen der Inkontinenz können operabel sein

Wenn normale konservative Behandlungsmethoden ausgeschöpft sind, kann nach Rücksprache mit ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin auch eine Operation in Frage kommen. Folgende chirurgische Eingriffe sind im Zusammenhang mit schwerer Inkontinenz möglich:

  • Scheidenplastik9
  • Prostata-OP
  • Schlingenplastiken
  • Kolposuspension10

Im Fall einer Gebärmuttersenkung beispielsweise wird die Beckenbodenmuskulatur gerafft und zur Verstärkung des Damms eine sogenannte Scheidenplastik9 eingesetzt.

Kommt es bei Männern zu einem Verschluss der Harnröhre durch die Prostata kann diese chirurgisch entfernt werden. Jedoch birgt auch die Operation an sich die Gefahr nach dem Eingriff inkontinent zu werden, da in einigen Fällen der Schließmuskel verletzt wird.

Die operativen Möglichkeiten reichen außerdem von Schlingenplastiken, mit deren Hilfe die normale Anatomie des Beckenbodens bzw. der Blase wiederhergestellt werden kann, bis hin zur sogenannten Kolposuspension10, die dafür sorgt, dass die Harnröhre nicht zu tief absinkt.

Für alle chirurgischen Methoden gilt: Nur im vertrauensvollen Beratungsgespräch mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin finden Sie die für Sie passende und erfolgversprechende Therapie. Jede Operation birgt auch Risiken und sollte gründlich überlegt sein.

Therapie der ursächlichen Erkrankung: Es gibt viele Gründe für Inkontinenz

Es gibt viele Ursachen für eine Blasenschwäche und entsprechend viele Formen und Behandlungsmöglichkeiten. Inkontinenz tritt infolge einer anderen Grunderkrankung auf. Sie ist keine eigenständige Krankheit, sondern ein Symptom: z. B. für eine Erkrankung des Nervensystems, eine gutartige oder bösartige Vergrößerung der Prostata oder eine Stoffwechselerkrankung.11

Bei vielen Ursachen wie beispielsweise einer Gebärmuttersenkung und einer Vergrößerung der Prostata oder auch bei Blasensteinen und Harnwegsinfektionen sind die Chancen auf eine vollständige Heilung von Blasenschwäche gut.

Pflanzliche Therapie: Hilfe aus der Natur

In Absprache mit Ihrem behandelnden Arzt oder Ihrer Ärztin können bei leichter Harninkontinenz auch natürliche Hausmittel aus der „Kräuterapotheke“ einen Behandlungsversuch wert sein – vor allem, weil Nebenwirkungen mehr oder weniger ausgeschlossen sind. So kann das Trinken von Kräutertees das Wohlbefinden von Betroffenen unterstützen. Auch Preiselbeersaft wird von vielen Betroffenen mit Blasenschwäche als wohltuend empfunden. Die beruhigende und entkrampfende Wirkung pflanzlicher Mittel kann helfen, die Blasentätigkeit zu harmonisieren.12

Inkontinenzartikel: Die Produktpalette ist groß

Auch wenn Blasenschwäche in vielen Fällen nicht komplett heilbar ist, gibt es eine Reihe von Inkontinenzhilfsmitteln, die trotzdem ein aktives und gutes Leben ermöglichen. Denn sie bieten diskreten, hautschonenden Schutz bei Urinverlust und neutralisieren unangenehme Gerüche. Das Sortiment reicht von speziellen Einlagen bis hin zu Einweghöschen, die wie normale Unterwäsche getragen werden. Mit einem kostenfreien MoliCare® Musterpaket finden Sie selbst heraus, welche Produkte für Ihren persönlichen Alltag – also für Ihre Lebenssituation, Ihren Aktivitätsgrad und Ihre Inkontinenzform – am besten geeignet sind.


Hier erfahren Sie mehr über die verschiedenen Inkontinenzartikel, die es gibt.



Lebenswandel: Mit einer gesunden Lebensführung zu einer gesunden Blase

Es gibt bestimmte Risikofaktoren, die eine Inkontinenz begünstigen oder verstärken. Viele davon haben Sie selbst in der Hand. Das heißt: Sie können Inkontinenz vorbeugen oder Ihre Symptome lindern.

Eine gesunde Ernährung ist hier die Basis. Sie sollte ballaststoffreich sein (Vollkornbrot z. B. oder Hülsenfrüchte) und täglich 5 Portionen verschiedene Obst- und Gemüsesorten umfassen. Dazu gehört auch eine regelmäßige und ausreichende Flüssigkeitsaufnahme. Viele von Blasenschwäche Betroffene denken: „Wenn ich weniger trinke, muss ich weniger auf Toilette.“ Das ist so aber nicht richtig. Denn: Trinken unterstützt generell die Nierenfunktion. Durch weniger Flüssigkeit ist der Urin konzentrierter und reizt dann die Blase womöglich umso mehr.7 Greifen Sie dabei idealerweise zu stillem und wenig kohlensäurehaltigem Wasser, Obst und sanften Kräutertees. Es ist in diesem Zusammenhang auch wichtig zu wissen, dass es Getränke gibt, die harntreibend sind. Verzichten Sie deshalb lieber auf Kaffee, koffeinhaltigen Tee oder alkoholische Getränke.


Übergewicht als Risikofaktor

Ein weiterer großer Risikofaktor für Inkontinenz steht im Zusammenhang mit der Ernährung: Übergewicht. Denn Bauchfett belastet den Beckenboden und die Blase. Wer es schafft, sein Gewicht zu reduzieren, hat also mehr Chancen darauf, seine Blasenschwäche in den Griff zu bekommen. Um sanft abzunehmen und die Symptome zu lindern, helfen Bewegung und Sport als Unterstützer. Ein ausgewogenes Trainingsprogramm sollte Krafttraining zur Verbesserung des Muskelsystems, Ausdauertraining zur Stärkung des Herz-Kreislauf-Systems sowie Gleichgewichts- und Dehnübungen zur Steigerung der allgemeinen Beweglichkeit beinhalten. Viele Sportarten wie Schwimmen, Radfahren, Yoga oder Pilates stärken zudem den Beckenboden auf natürliche Weise.

Bei leichter Inkontinenz lassen sich allein durch einen gesunden Lebenswandel Symptome durchaus abschwächen.


Seien Sie sicher: Es gibt die passende Behandlung

Ob Vorbeugung, konkrete Therapie oder Hilfsmittel: Es muss nicht sein, dass Blasenschwäche Ihren Alltag negativ beeinflusst. Mit dem geeigneten Maßnahmenpaket – und die Möglichkeiten sind, wie Sie sehen, vielfältig – können Sie durchaus ein unbeschwertes Leben führen. Der Arzt oder die Ärztin Ihres Vertrauens hilft Ihnen dabei, das passgenaue Paket für Sie zu schnüren.


Quellen:

1https://www.gesundheitsinformation.de/wie-funktioniert-ein-blasentraining.html

2https://www.lifeline.de/therapien/biofeedback-id46935.html

3https://www.special-harninkontinenz.de/beckenbodentraining/vaginalkonen-id63394.html

4Robert Koch Institut, Statistisches Bundesamt "Harninkontinenz" Heft 39, 2007. Online: https://www.gbe-bund.de/

5https://www.ukmp.de/news/aktuelles/fachkreise/blasenfunktionsstoerungen-anticholinergika-mirabegron-botox.html

6https://www.aerzteblatt.de/archiv/77029/Harninkontinenz-der-Frau

7http://www.breaking-the-silence.de/

8https://www.msdmanuals.com/de-de/profi/urogenitaltrakt/miktionsst%C3%B6rungen/harninkontinenz-bei-erwachsenen

9https://www.leading-medicine-guide.de/erkrankungen/urogenital/beckenbodensenkung

10https://www.klinikum.uni-heidelberg.de/verfahren/burch-kolposuspension-200238

11https://www.frauenaerzte-im-netz.de/erkrankungen/harninkontinenz/ursachen-krankheitsbilder/

12https://www.special-harninkontinenz.de/therapie/galerie-blasenschwaeche-inkontinenz-heilpflanzen-inkontinenz-pflanzen-pflanzliche-mittel-id150931.html